Herr Berger, Sie sind aktives Mitglied im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, BUND. Seit mehr als 20 Jahren engagieren Sie sich vor allem bei dem Naturschutzprojekt „Grünes Band“. ○ Ja, ich war von Anfang an dabei. Als 1989 die Mauer fiel, haben wir das erste Treffen von Naturschützern und Naturschützerinnen aus Ost und West organisiert. Wir hatten gerade mal 30 Leute erwartet, aber es kamen mehr als 400! Und wir haben bereits damals die erste Resolution zum Schutz des Grünen Bandes verabschiedet. ● Wie kamen Sie auf den Namen „Grünes Band“? ○ Uns Naturschützern war klar, dass sich im Bereich der damaligen deutsch-deutschen Grenze eine Naturoase entwickelt hat. Ganz einfach, weil dort jahrzehntelang kein Mensch hinkam. Für Menschen war es lebensgefährlich, diese Grenze zu überschreiten. Aber seltene Tiere und Pflanzen haben dort ihre Heimat gefunden. Es gab ja keine Straßen oder größeren Orte und natürlich keine Industrie. Und diesen Bereich haben wir dann „Grünes Band“ getauft. ● Also, das Grüne Band ist das Gebiet der ehemaligen Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland? ○ Genau! Das Kerngebiet des Grünen Bandes ist der sogenannte Kolonnenweg oder Todesstreifen. Also der Bereich, auf dem früher die DDR-Grenzsoldaten patrouillierten. Dieser Bereich ist zwischen 50 und 200 Meter breit. An diesem Grenzstreifen und in seiner Umgebung hat sich sozusagen ein Stück Wildnis entwickelt, das einmalig ist. ● Dann haben Sie Ihr Ziel ja erreicht? ○ Na ja, wir haben mit dem Grünen Band heute das größte Naturschutzgebiet in Mitteleuropa. Das ist sicher ein Erfolg. Aber es gibt auch Gefahren ... ● Welche? ○ Also, da ist vor allem die Intensiv-Landwirtschaft mit viel zu vielen Pestiziden. Das ist sicherlich die größte Gefahr. Und dann versuchen Politiker, Teile des Naturschutzgebietes wieder in Gewerbegebiete zu verändern. ● Wieso geht das? ○ Immerhin gehören fast zwei Drittel der Flächen am Grünen Band der Bundesrepublik Deutschland und durch den Verkauf von Grundstücken kommt Geld in die leere Kasse. Tja, und wo ein Gewerbegebiet entsteht, braucht man Straßen ... und die zerschneiden dann das Grüne Band und stören die Ruhe der Natur. ● Es gibt seit einiger Zeit immer mehr Tourismus am Grünen Band. Stört der nicht auch die Ruhe der Natur? ○ Nein. Wir entwickeln seit Jahren ein Naturtourismus-Konzept, also sanften, ökologischen Tourismus. Die Besucher sind zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs. ● Es gibt da ja auch den deutsch-deutschen Radweg. ○ Genau. Der deutsch-deutsche Radweg verläuft entlang des Grünen Bands von der Ostsee bis zur tschechischen Grenze. Wir finden, dass man das Grüne Band am besten schützen kann, wenn man es kennt. Und beim Radfahren kann man ein Gebiet sehr gut kennenlernen. Entlang des Radwegs gibt es viele Dokumente der deutsch-deutschen Geschichte, Stätten der Erinnerung und Museen. ● Noch eine Frage zum Schluss: Seit 2004 unterstützt der Deutsche Bundestag das „Grüne Band Europa“. Was können Sie uns dazu sagen? ○ Es gab ja nicht nur eine Grenze zwischen den beiden deutschen Staaten. Jahrzehntelang war Europa durch den sogenannten „Eisernen Vorhang“ getrennt. Er verlief von dernorwegisch-russischen Grenze im Norden bis zum Schwarzen Meer im Süden und an die Grenze zur Türkei. Nach dem Modell des Grünen Bandes in Deutschland gibt es nun die Idee „Grünes Band Europa“: Ein Naturschutzgebiet, an dem über 20 Staaten beteiligt sind und das über 8.500 Kilometer lang ist. Es soll die Menschen über die Grenzen verbinden und so ein Symbol für das vereinte Europa werden.